Kapelle der Kaiserlichen Gesandtschaft

  • Zerstörung der katholischen Kapelle am Krayenkamp, Kupferstich, 1719. (Quelle: Staatsarchiv Hamburg, Inv.-Nr. 131-5=39/11)

Die sonntägliche Predigt des Michelpastors vom 10. September 1719 dürfte eine der kostspieligsten gewesen sein, die je in Hamburg abgehalten wurde. Immer wieder hatten einige Pastoren gegen die Altonaer Katholiken gehetzt, die sich wegen einer verheerenden Seuche in ihrer Stadt in der Kaiserlichen Gesandtschaft am Krayenkamp zu Gottesdiensten trafen.

Grundsätzlich war die Ausübung des katholischen Glaubens im streng lutherischen Hamburg verboten. In der Kaiserlichen Gesandtschaft galt dies nicht. Die Geistlichkeit aber befürchtete, dass auch nicht zur Gesandtschaft gehörende Gläubige am Gottesdienst teilnehmen könnten – wie die Katholiken aus Altona, die man sowieso nicht in der Stadt dulden wollte.

Graf Adolf von Metsch, Gesandter des Deutschen Reichs, hatte den großen Saal in seinem Palais für die Altonaer Glaubensbrüder bereitgestellt. Doch der Platz reichte bei weitem nicht aus. Ein Umbau des Hauses konnte das Problem nicht aus der Welt schaffen. Stattdessen wurde mit dem Bau einer Kapelle im Garten begonnen. Am besagten Sonntag versammelte sich eine aufgebrachte Menge direkt nach dem Gottesdienst vor der Gesandtschaft. Anfänglich pöpelte sie nur. Dann flogen die ersten Steine auf das Haus. Als im Gegenzug die jugendlichen „Papisten“ aus Altona den Michel mit Steinwürfen „entweihten“, stürmten die Hamburg  mit Stangen und was sich sonst so  finden ließ zum Rohbau der Kapelle und rissen diesen wieder ab. Auch vor der Gesandtschaft machten sie nicht halt. Fensterscheiben klirrten, das kostbare Mobiliar wurde zertrümmert und der Hausrat flog in weitem Bogen hinaus.

Die Stadtväter und ihre Ordnungskräfte ignorierten das Geschehen zunächst. Erst Stunden später griff das Stadtmilitär ein und verhaftete einige Raufbolde, die aber wenig später wieder frei kamen. Dies brachte Karl VI. so sehr in Rage, dass Hamburg zur Beruhigung eine Gesandtschaft an den Kaiserlichen Hof schicken musste. Die Abbitte kostete 200.000 Gulden. Zusätzlich wurde die Auflage erteilt, eine neue, sichere Bleibe für die Gesandtschaft bereitzustellen. So wurden noch einmal 120.000 Mark für den Ankauf und das Herrichten des Stadtpalais des Grafen Görtz am Neuen Wall bezahlt, nachdem der kaiserliche Gesandte zuvor vier andere Objekte abgelehnt hatte.

Für die meisten Randalierer blieb die Angelegenheit ohne Folgen. Ein Zeitzeuge allerdings berichtet: „Am 21. November 1721 wurden ein paar Leute, die sich bey Spolierung des Kaiserlichen Hauses und der Capelle am meisten vergangen hatten, am Kaak mit Ruthen ausgestrichen.“


Text: Joachim Frank