St. Pankratius-Kirche in Ochsenwerder

  • Grabstein für Hans und Silke Luders. (Foto: J. A. Steiger)

Die Kirche in Ochsenwerder ist berühmt für ihre Arp-Schnitger-Orgel, aber auch für ihren 1632/33 von Hein Baxmann (ca. 1580 – 1647) geschaffenen Flügelaltar. Doch sei an dieser Stelle das Augenmerk auf ein Artefakt gerichtet, das man allzu rasch zu übersehen Gefahr läuft: auf den Grabstein für das Ehepaar Hans und Silke Luders. In den Vierlanden ist eine beachtliche Menge derartiger Grabplatten erhalten geblieben. Doch auch hier wie andernorts sind insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert viele Grabplatten von den Kirchhöfen entfernt und als Schwelle an Eingangstüren zweckentfremdet oder schlicht ‚entsorgt‘ worden.

Der Grabstein zeigt in seinen vier Ecken die vier Evangelistensymbole: Den Engel für Matthäus, den Löwen für Markus, den Stier für Lukas und den Adler für Johannes. Mittig plaziert ist ein Kreuzigungsrelief. Oberhalb desselben ist eine neutestamentliche Inschrift zu lesen: „christus ist mein leben sterben ist mein gewin“ (Philipper 2,21), darunter ist ein Zitat aus dem 19. Kapitel des Hiob-Buches untergebracht ist: „ich weis das mein erlöser lebet und er wird mich hernach aus der erden aufferwecken und werde hernacher mit dieser meiner haut umbgeben werden und werde in meinem fleisch gott sehen denselben werde ich mir sehen und meine augen werden ihn schawen und kein frembder hiob 19.“

Die Hiob-Passage wurde einer wahren Flut lutherischer Leichenpredigten zugrundegelegt und findet sich außerordentlich oft als Inschrift auf Särgen, Grabsteinen sowie Epitaphien des 16. und 17. Jahrhunderts. Folgt man der Auffassung des Lutherfreundes Hieronymus Weller (1499 – 1572), so soll dieser Spruch – gemeinsam mit anderen Kernstellen der Bibel, die vom ewigen Leben handeln – nicht nur zur Kenntnis genommen werden, sondern vielmehr durch fortwährendes Memorieren in der Erkenntnis münden, dass „wir gegen ihn [den Tod] können trotzen, sein spotten und sagen: Wenn du mich gleich verschlingest, zu Erden und Pulver machst, so musst du mich doch ungefressen lassen und mich wieder lassen an jenem Tage von der Erden aufstehen mit lebendigem, herrlichem, schönem Leibe, welcher wie die Sonne leuchten soll […].“ Darum soll ein Christenmensch Weller zufolge Hiob 19,25f. nicht nur stets im Blick behalten („im Gesicht haben“), sondern sich diesen durch Imagination aneignen („wohl einbilden“) und sich „ins Herz drücken“.


Text: Johann Anselm Steiger