Druck an der Elbe

Auch in Hamburg beförderte die Verbreitung der neuen Medien  eine reformatorische Öffentlichkeit.

Bereits vor der Einführung der  Reformation in der Stadt besaßen Hamburger Bürger verschiedene Lutherdrucke. Überliefert ist das auch für Hamburger Kaufleute in London. Heinrich VIII. und Kardinal Wolsey ließen daraufhin das  Londoner Hansekontor durchsuchen. Man fand reformatorische Schriften, die  Hamburger Kaufleute mussten zum Verhör und konnten sich einer Bestrafung nur durch Ausreden entziehen.

Theologische Streitschrift Johann Aepinius, gedruckt bei Richolff, 1530. (Quelle: Staatsarchiv Hamburg Bibliothek A 650/0014)An das Interesse der  Bürger an reformatorischen Schriften  konnte der Buchdruck in der Stadt anknüpfen und aus seinem „bisherigen Schattendasein“ heraustreten, schreibt  der Hamburger Reformationshistoriker Rainer Postel. Der Hamburger Buchdruck  hatte erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eingesetzt und bis zur Reformationszeit mit zehn Titeln einen nur sehr geringen Umfang erreicht. Das sollte sich schlagartig ändern. 1522 sorgte eine Druckerei, vermutlich von dem aus den Niederlanden eingewanderten Simon Korver,  mit der Herstellung reformatorischen Schrifttums für einen „sprunghaften Anstieg“. In weniger als einem Jahr entstanden in dieser Druckerei sechzehn verschiedene Drucke, überwiegend Predigten und theologische Streitschriften, allesamt in niederdeutscher oder niederländischer Sprache. Die Schriften wandten  sich volkstümlich aufklärend an die Laien. Der wichtigste Druck war das Neue Testament in einer niederdeutschen Übertragung der Lutherfassung, der unter der Hamburger Bevölkerung auf großes Interesse stieß. Die Begeisterung für reformatorische Schriften wusste auch ein aus Lübeck stammender Drucker zu nutzen: In der Offizin von Jürgen Richolff d. J. am Hamburger Pferdemarkt erschienen ab 1528  zahlreiche Drucke. Zumindest zeitweilig war Hamburg Mittelpunkt der reformatorischen Propaganda in ganz Niederdeutschland. Reformation und Medienproduktion durchdrangen und förderten sich dabei auch hier gegenseitig.


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