† 1540
Der Handel mit England läuft prächtig und macht aus dem gebürtigen Kieler Detlev Schuldorp einen der reichsten Hamburger Kaufleute. Aber Schuldorp interessiert sich nicht nur für seine Geschäfte, sondern verfolgt sehr aufmerksam, wie sich Hamburg in den Auseinandersetzungen zwischen dem alten und dem neuen Glauben verhält. Von seinem jüngeren Bruder Marquard, der seit 1521 in Wittenberg studiert, hat der Hamburger Ratsherr viel über Luther und dessen Lehre gehört. Ganz sicher wird er sich auch Schriften des Reformators beschafft und sie gelesen haben. Als der Prämonstratensermönch Johann Widenbrügge 1521 oder 1522 nach Hamburg kommt und hier lutherisch predigt, obwohl er eigentlich gar keine offizielle Predigtbefugnis hat, nimmt Schuldorp ihn in sein Haus auf. Das ist eine klare Aussage, denn damit gibt sich der Ratsherr als Anhänger der lutherischen Lehre zu erkennen. Das Domkapitel und die Dominikaner sind empört über Widenbrügges Auftreten. Bei zwei theologischen Streitgesprächen geht es heiß her und der lutherische Prediger muss Hamburg anschließend wieder verlassen. Aber sein Gastgeber lässt sich nicht beirren, sein Haus in der Kleinen Reichstraße ist zu dieser Zeit längst ein wichtiger Treffpunkt der Befürworter der Reformation. Schuldorp mischt sich ein und bezieht in den Auseinandersetzungen immer wieder klar Stellung. Dass der Rat sich schließlich von Luthers Lehre überzeugen lässt, ist gewiss auch dem Einfluss des Englandfahrers zu danken, der zum Kirchspiel St. Nikolai gehört. Neben dem Goldschmied und Münzbeamten Dirk Ostorp gilt Schuldorp als frühester Anhänger der lutherischen Lehre unter Hamburgs Bürgern.
Text: Matthias Gretzschel