Philipp Melanchthon

*1497 †1560

Philipp Melanchthon, Gemälde von Lucas Cranach d. Ä., 1543. (Quelle: Wikipedia)Er selbst ist nie in Hamburg gewesen, hat aber die Ereignisse in der Stadt sehr genau beobachtet. Und durch den zwölf Jahre jüngeren Johannes Bugenhagen, mit dem er in einem engem Gedankenaustausch stand, wusste er recht genau, wie sich die Dinge in Hamburg entwickelten.

Der in der badischen Kleinstadt Bretten als Philipp Schwarzerde geborene Philologe und Theologe, der seinen Namen nach der Mode der Humanisten ins Griechische übersetzt hat, gilt neben Martin Luther als die zentrale Persönlichkeit der Reformation in Deutschland. Dabei ist er aus ganz anderem Holz geschnitzt als der temperamentvolle Luther.

Das Porträt, das Lucas Cranach der Ältere 1543 von dem damals 46 Jahre alten Melanchthon angefertigt hat, zeigt einen hageren Intellektuellen mit prüfendem, leicht skeptischem Blick. Dieser Mann ist kein aufbrausender Kämpfer, sondern ein Analytiker, der eher den Ausgleich sucht – ohne freilich seine Position preiszugeben. Er ist ein Schöngeist, ein Dichter, der die klassischen Sprachen Griechisch und Latein exzellent beherrscht, aber auch theologisch ein Schwergewicht ist.

Die Entschiedenheit, mit der Luther 1518 bei einem fachlichen Streitgespräch in Heidelberg seine Positionen verteidigt, beeindruckt Melanchthon. Er begibt sich nach Wittenberg, um den Reformator persönlich kennenzulernen.

Nun beginnt einerseits eine Freundschaft, vor allem aber eine außerordentlich fruchtbare Arbeitsbeziehung, ohne die die Reformation gewiss anders verlaufen wäre. Da trifft es sich gut, dass der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise für seine Wittenberger Universität einen Griechisch-Lehrstuhl stiftet, der dafür eigentlich vorgesehene Johannes Reuchlin ablehnt und wärmstens Melanchthon empfiehlt. Dieser gestaltet die Alma Mater Leucorea nach seinem humanistischen Ideal so gründlich um, dass sie bald zu Europas besten Universitäten zählt. Der Mann, der gerade mal 1,50 Meter misst und außerdem mit einem leichten Sprachfehler zu kämpfen hat, spricht so geschliffen und fesselnd über antike Autoren, über grammatische und theologische Probleme, dass sich zeitweise bis zu vierhundert Studenten in den  Hörsaal drängeln.

Schon 1521 hat Melanchthon mit seiner Schrift „Loci communes rerum theologicarum“ die reformatorische Theologie in ihren Grundsätzen benannt. Martin Luther verlässt sich auf ihn. Dass der diplomatische Feingeist Melanchthon den polternden Polemiker Luther bei zahlreichen Gesprächen und Verhandlungen unterstützt und ihn manchmal auch vertreten muss, kommt der reformatorischen Sache sehr zugute. Auch was Johannes Bugenhagen in Hamburg leistet, trägt Melanchthons Handschrift. Das betrifft nicht nur die Kirchenordnung, sondern auch die Gründung der Gelehrtenschule des Johanneums.


Text: Matthias Gretzschel

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