Buchdrucker leben Anfang des 16. Jahrhunderts gefährlich: Das gerade eben erst aus der Wiege gehobene neue Medium des Buchdrucks sorgt für die Verbreitung von Ideen, die die alte Ordnung infrage stellen. Vielleicht wollte der 1522 aus Flandern nach Hamburg gereiste Simon Korver deshalb anonym bleiben. Erst die heutige Geschichtsforschung konnte ihn anhand eines Monogramms und eines Wappens auf den Titelblättern seiner Druckwerke identifizieren.
Nur wenige Monate betreibt der niederländische Drucker sein Handwerk in der Hansestadt. Doch die reformatorischen Schriften aus seiner Werkstatt verkaufen sich gut, sind unter den Gebildeten bald weit verbreitet. Mindestens 16 verschiedene Drucke bringt Korver unters Volk, elf Titel davon stammen von Luther selbst. Die Predigten, Abhandlungen zu Glaubensfragen und theologische Streitschriften erscheinen in der niederdeutschen oder niederländischen Volkssprache.
Anfang 1523 druckt Korver eine niederdeutsche Übertragung auf der Grundlage von Luthers erst im Jahr zuvor erschienenen „Septembertestaments“. Das Interesse ist enorm, selbst Herzog Magnus von Lauenburg fragt einen Hamburger Bekannten, wo die niederdeutsche Bibel erhältlich sei. „Vor allem in der hamburgischen Bevölkerung fand das Werk anscheinend regen Zuspruch, der den Klerus umso mehr beunruhigte, als es mit seiner eigenen Bibelfestigkeit oft nicht weit her war“, urteilt der Hamburger Reformationsexperte Rainer Postel.
Die Werke Simon Korvers zieren das Monogramm „W.K.“. Die Buchstaben stehen für Willem Korver. Der Bruder von Simon ist Buchhändler und Verleger. Und das Wappen verweist auf die am IJsselmeer gelegene Stadt Zwolle, wo Simon Korver vorher gewirkt hat.
Seine niederländische Heimat musste Simon Korver fluchtartig verlassen. Seit dem Wormser Edikt von 1521 werden in den Niederlanden Luthers Anhänger blutig verfolgt und die Schriften des Reformators verbrannt.
Viel wissen wir über Simon Korvers Schicksal nicht. Wahrscheinlich stammt er aus Amsterdam, wo er zunächst Geistlicher gewesen ist. Warum er plötzlich der Stadt verwiesen wurde, ist unbekannt. Er macht sich auf den Weg nach Russland, kehrt 1519 in die Niederlande zurück. In Zwolle druckt er die Schriften von Erasmus von Rotterdam und anderen Humanisten, aber auch schon Texte der Reformatoren und eine lateinische Ausgabe des Neuen Testaments.
Weshalb Korver in Hamburg aufhört zu drucken und die Stadt wieder verlässt, ist nicht bekannt. Obwohl sich keine Belege dafür finden, kann man wohl davon ausgehen, dass der Rat entsprechenden Druck ausgeübt hat.
Text: Matthias Gretzschel