† 1540
An der Rostocker Universität schreibt sich am 18.4.1521 der Franziskanermönch „frater Steffanus de Kempis“ ein. An der Universitats Rostockiensis hört er Vorlesungen von dem Hamburger Theologen Barthold Moller. Aber dem jungen Mann, von dem wir nicht wissen, wann und wo er geboren wurde, ist nicht an einer akademischen Karriere gelegen. Er tritt in das Rostocker Katharinenkloster ein. Kempe ist ein begabter Prediger, der mit seinen Bibelauslegungen zu fesseln vermag. Zu dieser Zeit hat er bereits Schriften von Martin Luther gelesen, dessen Theologie ihn überzeugt. Wenn er in der frühgotischen Hallenkirche des Ordens predigt, kommen nicht nur die Bewohner der nördlichen Altstadt. Schon nach zwei Jahren schickt ihn sein Orden nach Hamburg, wo er in das Marien-Magdalenen-Kloster eintritt, das sich auf dem Gelände der heutigen Handelskammer befunden hat.
Als Stefan Kempe zu Ostern1523 in Hamburg eintrifft, lassen sich die kirchlichen Missstände nicht mehr verschweigen. Der Franziskaner redet Klartext und bezieht sich dabei direkt auf den Reformator aus Wittenberg. Mit dem liederlichen Lebenswandel der Mitglieder des Domkapitels und den allzu sehr an den Freuden des Diesseits interessierten Dominikanern vom Johanniskloster geht Kempe hart ins Gericht. Das kommt bei Hamburgern aller sozialen Schichten gut an. Nicht aber im mächtigen Domkapitel, das seine Beziehungen spielen lässt. Kempe wird abberufen. Als das zu Fronleichnam 1523 in der Stadt bekannt wird, proben die Hamburger den Aufstand: Sechzig aufgebrachte Bürger erscheinen beim Hausoberen der Franziskaner und erreichen, dass Kempes Versetzung zurückgenommen wird. Die Bürger wählen ihn 1527 zum Pfarrer von St. Katharinen. Ein Jahr später, am 28. April 1528, geht es für Hamburg um eine grundsätzliche Weichenstellung. Vor dem Rat und der Bürgerschaft tauschen die Altgläubigen und die Reformatoren ihre Argumente aus. Kempe gehört zu den vier evangelischen Disputanten, denen acht katholische gegenüberstehen. Einen davon kennt Stefan Kempe gut: Barthold Moller, seinen theologischen Lehrer an der Rostocker Universität.
Kempe und seine Mitstreiter können Rat und Bürgerschaft überzeugen. Damit hat die Reformation in Hamburg gesiegt. Johannes Bugenhagen kehrt in die Stadt zurück, um die kirchlichen und gesellschaftlichen Beziehungen neu zu regeln. Stefan Kempe unterstützt den Wittenberger, kämpft mit ihm gegen Eiferer und „Schwarmgeister“ wie Andreas Bodenstein und Melchior Hoffman. Am 23. Oktober 1540 stirbt Stefan Kempe in seiner Wahlheimat Hamburg.
Text: Matthias Gretzschel