Das Hamburger Format

Wittenberg ist nur etwa 300 Kilometer entfernt, die kursächsische Residenz liegt auch an der Elbe. Dort lebt der Luther-Vertraute Johannes Bugenhagen, den die Bürger von St. Nikolai zum Pastor wählen. Das geht Bürgermeister Henrik Salsborch entschieden zu weit, er nutzt seine Macht, um den Amtsantritt des Wittenberger Reformators zu verhindern. Ruhe kehrt trotzdem nicht ein. Die Bürger wollen die Privilegien des Domkapitels und der Klöster nicht mehr länger hinnehmen und setzen durch, dass diese sich ab 1526 auch an den Kosten für gemeinnützige Aufgaben beteiligen müssen.

Der Reformator des Nordens: Johannes Bugenhagen, Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren, Öl auf Holz, 1537. (Quelle: Wikipedia)Letztlich können auch die Konservativen im Rat nicht mehr verhindern, dass in Hamburg immer häufiger evangelisch gepredigt wird. 1526 amtieren schon an drei von vier Hamburger Hauptkirchen lutherische Pastoren: An St. Nikolai predigt Johannes Zegenhagen, an St. Jacobi Johann Fritz und an St. Katharinen Stefan Kempe. Damit werden Fakten geschaffen, die im Vergleich mit anderen Städten ziemlich einzigartig sind: Das besondere Hamburger Format besteht darin, dass die Stadt im Prinzip schon evangelisch ist, bevor die Reformation offiziell eingeführt wird. Zudem findet  dieser Umbruch friedlich statt. Das ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal, aber eine Besonderheit. In Lübeck, Danzig, Stralsund, in Münster oder Göttingen gibt es Tumulte und Bilderstürme. Eine radikalisierte Menge zerstört Altäre und Heiligendarstellungen in den Kirchen, jagt zum Teil Bürgermeister und Ratsherren aus der Stadt.

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