Sorge ums Seelenheil

Aber der Unwillen der Bürger nimmt zu und sogar innerhalb der Kirche regt sich Kritik. Und manchmal reicht ein Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Wie Anno 1483, als die Bürger hungerten und reiche Kaufleute trotzdem Korn schiffsweise ausführten und sich eine goldene Nase verdienten. Da gab es Unruhen, die Menschen begehrten auf und schließlich konnte der Rat die Lage nur mit einer neuen Übereinkunft befrieden. Der neue Rezess umfasste 70 Paragrafen und sicherte den Bürgern und den Kirchspielen mehr Mitspracherecht zu. Außerdem wurde der Wucher mit Korn verboten, der die Unruhen ausgelöst hatte.

„Ein Frag an eynen Müntzer …“ Polemisches Flugblatt auf den Ablasshandel des Papstes (rechts), den Geldhandel der Kaufleute (links) und den Betrug mit falschen Maßen und Gewichten; (in der Mitte ein Münzmeister am Prägestock). Einblattholzschnitt, um 1530, von Jörg Breu d. Ä. (Quelle: Wikipedia)

Aber den Elbfischern und Handwerkern, den Hökern und Kramern, die ein hartes und entbehrungsreiches Leben führen, geht es nicht nur ums Diesseits. Einen kalten Winter, in dem sich nur wenig zu essen findet, kann man überstehen, aber vor den Qualen des Fegefeuers fürchten sich die Menschen viel mehr. Auch die Advokaten und Kaufleute, die Ratsherren und Reeder sorgen sich um ihr Seelenheil – und fühlen sich von den vielen Geistlichen in der Stadt alleingelassen. Statt sich um das Seelenheil der Hamburger Bürger zu kümmern, versehen sie ihren Dienst nur nachlässig, streichen reichlich Geld für Seelenmessen ein und halten sich Huren, obwohl sie doch ewige Keuschheit gelobt haben. 

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