Das Abendmahlsbild in der St. Petrikirche

An der Nordwand der St. Petrikirche hängt in unmittelbarer Nähe der gotischen Madonna ein großes, sehr dunkles Gemälde mit der Darstellung des Letzten Abendmahls.

Es stammt von dem niederländischen Maler Gilles Coignet, der nach einem bewegten Leben am Weihnachtstag 1599 in Hamburg starb und in der St. Jacobikirche seine letzte Ruhestätte fand. Coignet wurde um 1542 in Antwerpen geboren. Hier erhielt er auch seine Ausbildung zum Maler und reiste nach der Beendigung seiner Lehre über Frankreich nach Italien, wo er sich in Florenz, Venedig, Terni, Rom, Neapel und Sizilien aufhielt. Zurück in Antwerpen heiratete Gilles Coignet und bezog ein Haus, in dem er auch seine Malerwerkstatt betrieb. Zu dieser Zeit hatte sich die calvinistisch regierte Stadt von der spanischen Besatzungsmacht befreit. Die Auftragslage war gut und der erfolgreiche Coignet wurde im Jahr 1583 zum Vorsitzenden der Malergilde gewählt. Sein Glück wendete sich, als im Juli 1584 der Herzog von Parma Antwerpen für die Spanier zurückeroberte. Zahlreiche Protestanten mussten daraufhin die Stadt verlassen, wenn sie sich nicht innerhalb von vier Jahren zum katholischen Glauben bekannten. Unter den Flüchtlingen befanden sich auch Gilles Coignet und seine Frau Magdalena de Kempeneer, die als „Martinisten“, das heißt als Lutheraner bekannt waren. Sie flohen zunächst nach Amsterdam, wo sich Coignet auch in der Lutherischen Gemeinde engagierte. Zwischen den exilierten Lutheranern und den Anhängern des reformierten Bekenntnisses kam es in Amsterdam jedoch zu Konflikten. So geriet Coignet in eine Prügelei mit dem calvinistischen Maler Adrian van Conflans, der ebenfalls aus Antwerpen geflohen war. Der Zwischenfall veranlasste ihn, mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter Juliana nach Hamburg weiterzuziehen, wo sich ebenfalls eine große Gemeinde niederländischer Exilanten gebildet hatte. Hier waren die niederländischen Lutheraner weit besser integriert. Coignet fand neue Auftraggeber unter den reichen zugewanderten Niederländern und den wohlhabenden Hamburger Patriziern, für die er Bilder im Stile Tizians malte. Auch das 1595 datierte „Letzte Abendmahl“ folgt in der Komposition einer Darstellung des Letzten Abendmahls von Tizian, das sich heute im Escorial-Palast befindet. Gegenüber seinem Vorbild nahm Coignet jedoch einige wichtige Veränderungen vor: Er stellt das Geschehen als nächtliche Szene dar. Dabei nehmen die drei großen Leuchter mit ihren plastisch ausgebildeten Kerzenflammen eine bedeutende Rolle ein. Sie beleuchten nicht nur die Gesichter der um Christus versammelten Apostel, sondern symbolisieren auch das durch Martin Luther und die Reformation neu entzündete Licht des Evangeliums in der Welt, das von den papistischen Dunkelmännern nicht mehr ausgeblasen werden kann. Im dunklen Hintergrund sind zwei kleine Szenen eingefügt, die Christus am Ölberg und dessen Gefangennahme zeigen.

Möglicherweise hat Coignet sich in dem Gesicht des bärtigen, lockigen Mannes in der Vierergruppe am rechten Rand selbst dargestellt. Während alle anderen Apostel erschrocken über die Worte Christi, dass einer aus ihrer Mitte ihn verraten wird, diskutieren, schaut uns dieses Gesicht direkt und lebendig aus dem Bild heraus an.


Text: Barbara Uppenkamp

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