Darf man den Papst in Hamburg feiern?
Im späten 17. Jahrhundert, als in der Hansestadt von konfessioneller Toleranz noch keine Rede sein kann, erweist sich das als keine besonders gute Idee. Das bekommt Königin Christine von Schweden am eigenen Leib zu spüren: Dass ausgerechnet die Tochter des schwedischen Königs Gustav Adolf, der im Dreißigjährigen Krieg in der Schlacht bei Lützen gefallen war und seither als protestantischer Glaubensheld galt, zum katholischen Glauben konvertiert, können die Lutheraner beim besten Willen nicht verstehen. Dennoch ist Christine in Hamburg, wo sie geschäftliche Angelegenheiten mit ihrem Bankier zu regeln hat, seit 1666 ein gern gesehener Dauergast.
Das liegt gewiss auch daran, dass sich die Monarchin, die freilich schon 1654 dem schwedischen Thron entsagt hat, als glänzende Gastgeberin erweist. Ihr herrschaftliches Haus am Krayenkamp wird zu einem gesellschaftlichen Zentrum in der sonst eher nüchternen Hansestadt.
Als die Katholikin am 15. Juli 1667 aber ausgerechnet die Wahl von Papst Klemens IX. zum Anlass nimmt, ein rauschendes Fest zu geben, verkennt sie die Stimmungslage in der Hansestadt. Zwar sind die Honoratioren trotz mancher Bedenken am Krayenkamp erschienen und zunächst ist auch die Stimmung gut, zumal die Beköstigung nichts zu wünschen übrig lässt. Vor der Tür haben Diener sogar einen Brunnen aufgebaut, aus dem nicht etwa Wasser, sondern Wein fließt.
Doch als nach Einbruch der Dunkelheit an der Fassade des Hauses 600 Lampen entzündet werden, die die Worte „Es lebe Papst Klemens IX.“ bilden, kippt die Stimmung schlagartig. Eine wütende Menge wirft Steine auf das Haus, die Diener eröffnen das Feuer, wodurch die Situation weiter eskaliert. Die Königin entkommt über eine Hintertür und findet in der schwedischen Gesandtschaft am Speersort Zuflucht.
Am folgenden Tag erscheinen dort Abgesandte des Rates, die sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen. Christine zeigt sich versöhnlich und spendet sogar 2.000 Reichstaler, die den Verwundeten und den Angehörigen der beim Tumult Getöteten zugutekommen sollen.
An den Fluchtweg der Königin erinnerte später das Christinenpförtchen, das sie auf der Strecke zum Speersort am Bäckergang passiert hat. Die eigentliche Pforte existiert spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr. Doch der heute ebenfalls längst verschwundene Weg wurde im Volksmund noch lange Christinenpförtchen genannt.
Text: Matthias Gretzschel